Page 14 - vocaSTIM®-Master-Therapieanleitung
P. 14

BASIS UND KONZEPTION DER THERAPIE VON LARYNX-
          PARESEN DURCH NEUROMUSKULÄRE ELEKTROPHONATO-
          RISCHE STIMULATION (NMEPS)




          NMEPS



          Noch heute wird unter einer Larynxparese überwiegend die des  Konsequenzen für die Zuordnung der Stimmsymptome zu
          N. recurrens verstanden. Vernachlässigt werden die Schädigungen  Paresen entstehen aber auch durch die unterschiedliche Schwe-
          des N. laryngeus superior, des N. hypoglossus über die Ansa cervi-  re der Schädigung innerhalb des Verteilungsmusters und die
          calis, die Schädigung der Sensoren des Larynx und die Rolle der  sehr unterschiedliche Fähigkeit und Fertigkeit eines Betroffe-
          Sensibilität für stimm-sprachliche Elemente im auditiven und kine-  nen, die geschädigte Funktion zentralnervös regulieren zu kön-
          tomotorischen Bereich.                               nen. Diese Erschwernis der Regulation kann auf recht verschie-
                                                               dene Ursachen zurückgeführt werden.
          Die Ursache für diese Reduzierung dürfte in erster Linie in
          diagnostischen Schwierigkeiten liegen.
          • Die indirekte Laryngoskopie erlaubt eine recht gute Beurteilung  Betrachten wir zunächst die Tendenzen der stimmlichen Leit-
           der Leistungen des N. recurrens, jedoch weniger des N. larynge-  symptome bei Larynxparesen:
           us superior und des N. hypoglossus. Die Leistung des N. larynge-  1. N. recurrens: Die tiefe Stimmlage des Vollregisters ist nicht
           us superior wird nur beim Glissando aufwärts als Dehnung der  mehr verfügbar.
           Glottis sichtbar (PAHN/ROTHER 1981).                2. N.laryngeus superior: Die höhere Lage des Vollregisters und
          • Die Stimmsymptome einer Recurrensparese sind relativ leicht, die  das Randregister sind nicht verfügbar.
           der anderen Nerven jedoch nicht ohne weiteres zu erkennen.  3. N. hypoglossus (Ansa cervicalis): Die Stimme ermüdet sehr
          • Die Recurrensparese kann bereits einseitig, jedoch ganz sicher  schnell.
           doppelseitig die respiratorische Leistung auffällig einschränken.  4. Kombinationen: Bei Schädigungen des N. recurrens + N.
           Die N. laryngeus superior -Parese wirkt sich spirometrisch nicht  laryngeus superior besteht die Tendenz zur Diplophonie. Die
           aus, kann aber die Empfindung von Luftmangel bewirken.  überwiegende Schädigung des Recurrens betont das Rand-
          • Die Elektromygraphie gibt Auskunft über das Verteilungsmuster  register, die überwiegende Schädigung des N.laryngeus
           einer Parese sowohl bei Schädigung mehrerer Larynxnerven als  superior betont tiefes Vollregister.
           auch innerhalb des Recurrens. Sie ist jedoch nicht überall ver-
           fügbar, ist an die Kenntnisse des Phoniaters über Stimmleistun-
           gen der Larynxmuskulatur gebunden und birgt technische Pro-
           bleme der intralaryngealen Ausführung. Der Neurologe wäre
           damit ebenso überfordert wie ein nicht speziell darin ausgebil-
           deter HNO-Arzt.
          • Die Schwere einer Parese ergibt sich aus der Elektromyographie
           nur ungenau. Für die Therapiekonzeption ist jedoch eine präzi-
           sere Einschätzung erforderlich. Sie wird durch Messung des Akko-
           modationsquotienten möglich. Auch hierzu sind ein spezielles
           Gerät und praktische Kenntnisse vorauszusetzen.
          • Ein ganz erhebliches Problem liegt sicher auch in der Prüfung
           und Bewertung der Stimmsymptome kombinierter Paresen. Ohne                a) Symbol  a) Beispiel einer Parese
                                                                a) Position des M.vocalis
           profunde Übung sind Fehlinterpretationen die Regel.    und M.cricothyreoideus        des N. recurrens
                                                                  beidseits innerhalb des       einseitig
                                                                  Larynx
          Die Stimmsymptome von Larynxparesen eines oder mehrerer Ner-
          ven lassen sich nur als tendenzielle Leitsymptome beschreiben. Das  Abb. 17 Symbol zur Darstellung unterschiedlicher Verteilungsmuster von
          liegt zunächst an den sehr unterschiedlichen Verteilungsmustern  Paresen der Feinspannung (N. recurrens) und Grobspannung (N. laryngeus
          einer Parese.                                        superior) der Stimmlippen beidseits mit Ihrer Auswirkung auf Stimmregister:
          Wir fanden unter 500 elektromyographierten Patienten mit fol-  Die Graphik zeigt im Frontalschnitt des Kehlkopfes als Repräsentanten der
          gender Häufigkeit isolierte und kombinierte Paresen:  Spannfunktion den M. vovalis und M.cricothreoideus in beidseitiger Position.
                                                               Schwarzfärbung bedeutet Parese.
          Verteilung der Larynxparesen in % (n= > 500)


          Isoliert                                 Kombiniert
          – – – – – – – – – ––––– – – – – – – – – – – – ––– – – – – – – – –
          N.rec. N.l.sup. N.hypogl. N.rec.  N.rec  N.l.sup.  N.recurrens
                                   N.hypogl N.hypogl  N.l.sup.
                                                   N.hypogl.
          – – – – – – – – – ––––– – – – – – – – – – – – ––– – – – – – – – –
          12,8     4,0        22,1  7,0    14,0       7,0         33,0%
          – – – – – – – – – ––––– – – – – – – – – – – – ––– – – – – – – – – – – – –
          N.l.sup.= Nervus laryngeus superior / N.hypogl.= Nervus hypoglossus (Ansa cervicalis)
                                                                                                              13
   9   10   11   12   13   14   15   16   17   18   19