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ELEKTRODIAGNOSE


          Elektrodiagnostische Verfahren dienen zur initialen Ermittlung  Die unterschiedliche Akkommodationsfähigkeit gesunder und
          des Schädigungsgrades und zur Kontrolle des Therapieverlaufs  geschädigter Nerv-Muskelsysteme bildet nicht nur die Grund-
          bei peripheren Paresen (JANTSCH ET AL. 1981, 106ff.). In der  lage für den Akkommodationsquotienten als quantitative Funk-
          physikalischen Therapie hat sich dazu insbesondere die sog. I/T-  tionsprüfung, sondern auch für die selektive Muskelstimulation
          Kurve etabliert, welche einerseits umfangreiche und relativ  S. 10; JANTSCH ET AL. 1981, 83f.; GILLERT ET AL. 1995, 165).
          exakte Ergebnisse liefert, andererseits aber leider in ihrer
          Durchführung sehr (zeit)aufwändig ist. Aufgrund seiner schnel-
          len und einfachen Durchführbarkeit hat sich als elektrodia-
          gnostisches Mittel im Kontext der NMEPS und NMEAS die  BESTIMMUNG DES AKKOMMODATIONS-
          Bestimmung des sog. Akkommodationsquotienten (ACC) bewährt.  QUOTIENTEN MIT DEM vocaSTIM    ®

                                                              Das vocaSTIM -Master verfügt über ein Menu zur rationellen
                                                                         ®
                                                              Bestimmung des Akkommodationsquotienten. Nach Platzie-
          AKKOMMODATIONSQUOTIENT/                             rung der Elektroden am entsprechenden Nerv wählt man
          AKKOMMODATION                                       zunächst einen Rechteckimpuls der Länge 1000 ms. Nun wird
                                                              die Stromstärke schrittweise so weit erhöht bis eine Reaktion
          Der Akkommodationsquotient als diagnostische Größe basiert  des zugehörigen Muskels sichtbar wird (Minimalzuckung). Der
          auf dem Phänomen der Akkommodation /Akkommodations-  zugehörige Intensitätswert (Rheobase) wird vom Gerät gespei-
          fähigkeit motorischer Nerven.                       chert. Das Vorgehen wird nun mit einem Dreieckimpuls der
          Wie in Abb. 1 ersichtlich ist, reagiert demnach ein gesundes  Länge 1000 ms wiederholt, der Intensitätswert (Galvano-Teta-
          Nerv-Muskelsystem bei Stimulation mit schnell ansteigenden  nus-Schwelle) ebenfalls abgespeichert. Die Bestimmung des
          Impulsen (Rechteckimpulse) ab einer bestimmten Stromstärke  Akkommodationsquotienten kann mit dem vocaSTIM -Master
                                                                                                         ®
          mit einer Erregung (Zuckung). Es besteht also ein konstanter  problemlos von einer Person allein durchgeführt werden,
          Schwellenwert (Rheobase), der zur Auslösung einer Erregung führt.  indem bei der indirekten Laryngoskopie die Einstellung der
                                                              Stromstärke (+/-) über einen speziellen Fußtaster vorgenom-
                                                              men wird. Auch das Speichern der Schwellenwerte (Reaktion)
                                                              erfolgt per Fußtaster. Die Reizgabe wird dabei akustisch sig-
              +30
                                                              nalisiert.
                                                   Zeit (ms)
                0                                             Der Akkommodationsquotient ist der Quotient, der sich aus
            Nervenmembran-Potential  in mV -70                den beiden gespeicherten Schwellenwerten (Galvano-Tetanus-

                                                              Schwelle/Rheobase) ergibt. Er stellt das Maß für die Akkom-
                                                              modationsfähigkeit eines motorischen Nervs dar und erlaubt
                                                              eine Aussage über seine Innervationsverhältnisse.

            Elektrische Stromstär-                 Zeit (ms)  Beispiel:                  15 mA


                                                              (Galvano-Tetanus-Schwelle)
               in mA
                 Langsamer Stromanstieg  Schneller Stromanstieg
             ke
                                           gung bei Niedriger Inten-
                 führt nicht zu Erregung,
                                           sität aus (Rheobase)
                              Stromstärke Schwelle bei
                 da Schwelle ansteigt  führt zu Erregung, da  Rechteckimpuls löst Erre-  (Rheobase)  5 mA  = 3
                              größerer Stromstärke
                              „einholt”
          Abb. 1 Akkommodation eines gesunden motorischen Nervs (verändert  Der Akkommodations-Quotient beträgt 3.
          nach LOW, J., REED, A. 2000, 72)
          Bei langsam ansteigenden Impulsen (Dreieckimpulsen) länge-
          rer Impulsdauer hingegen steigt der Schwellenwert des gesun-  BEURTEILUNG DES AKKOMMODATIONS-
          den Nervs durch Anpassungserscheinungen der Membranpro-  QUOTIENTEN UND KONSEQUENZEN FÜR
          zesse zunächst parallel zum Impuls an: zur Erregungsauslösung  DIE THERAPIE
          ist eine 1,5 bis 3 mal höhere Intensität notwendig als beim
          Rechteckimpuls. Dieses Verhalten wird als Akkommodations-  Bei normaler Innervation liegt der Akkommodationsquotient
          fähigkeit bezeichnet.                               zwischen 3 und 6. Sinkt er unter 3, zeigt dies ein Absinken der
                                                              Akkommodationsfähigkeit und den Beginn einer Entartung an.
          Ein geschädigtes/denerviertes Nerv-Muskelsystem büßt an  Ein Quotient von 1 bedeutet einen kompletten Verlust der
          Akkommodationsfähigkeit ein oder verliert sie gar. Deshalb  Akkommodationsfähigkeit und eine schwere Entartung/Dener-
          reagiert es bei Elektrostimulation mit Dreieckimpuls bereits bei  vation (GILLERT ET AL. 1995, 170f.).
          erheblich niedrigeren Stromstärken als ein gesundes.   Die wiederholte Messung des Akkommodationsquotienten im
                                                              Therapieverlauf zeigt den Stand der Regeneration an (im
                                                              Bereich zwischen 1 und 3).

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